Diese Fotos habe ich im Archiv meines Großvaters gefunden. Im Zweiten Weltkrieg war er als Fernmelder im Stab des Oberkommandos West eingesetzt und nahm an mehreren Reisen durch die besetzten Gebiete teil. Dabei entstanden auch „Urlaubsfotos“, die eine der Inspirationsquellen für meinen Roman „Das Geheimnis von Chateau Limeray“ waren. Die hier gezeigten Fotos wurden für die Serie nachbearbeitet.

Das erste Foto zeigt den Autor eines Großteils der gezeigten Bilder während einer Fahrt im Zug, mit dem das Oberkommando der deutschen Wehrmacht in Frankreich durch die besetzten Gebiete reist.

 

Ein trügerischer Anschein von Normalität – wie die Broschüre einer Tourismusagentur ist der Reiseplan des Generalstabs durch die besetzten Gebiete gestaltet. Hier für eine Inspektionstour durch die Benelux-Staaten. Auch für Frankreich habe ich einen ähnlich gestalteten Reiseplan gefunden, dessen Cover ich aber wegen der Nazi-Insignia nicht veröffentlichen darf.

Aus dem Zugfenster fotografierte Karl S. seinen obersten Chef, Generalfeldmarschall von Rundstedt, damals Befehlshaber West und einer der wichtigsten Heerführer der deutschen Wehrmacht während des gesamten Kriegs. Rundstedt nahm auch an den Feldzügen in Polen und in der Sowjetunion teil. Nach dem Krieg stand er in Nürnberg vor Gericht, weil er nachweislich Mitwisser und passiver Komplize der Greueltaten der in seinem Befehlsbereich agierenden „Sonderkommandos“ war. Aufgrund seines Gesundheitszustandes wurde er entlassen. Rundstedt starb 1953 in Hannover.

Viele Reisen durch Frankreich und die Benelux-Staaten unternahm der Generalstab mit dem Zug, als dieses Verkehrsmittel noch einigermaßen sicher war. Die für die Weiterfahrt am Zielort nötigen Kraftfahrzeuge wurden auf Frachtwaggons mitgenommen. Hier eine Szene auf einem unbekannten Bahnhof, offenbar kurz vor der Abfahrt. Der weiß gekleidete Soldat im Zug ist Karl S., der Autor eines Großteils der hier gezeigten Bilder.

Touristischer Bummel durchs besetzte Paris – deutsche Wehrmachtsoldaten besichtigen den Eiffelturm.

Der Alltag ging auch im besetzten Paris weiter: Szene an einer Brücke über die Seine.

Amusement in Paris: Besuch beim Pferderennen in Longchamps. Man beachte die zahlreichen deutschen Uniformierten, u.a. auf der Loge im rechten Bildbereich. Das Foto ist datiert auf den 19. April 1942. Für April 1942 Jahres verzeichnet die Chronik des Zweiten Weltkriegs die folgenden Ereignisse: Auf den Philippinen ergeben sich die alliierten Truppen den Japanern, dem folgt der „Todesmarsch von Bataan“, dem größten Kriegsverbrechen der Japaner (von 66.000 alliierten Soldaten kehrten nur 15.000 zurück). Colonel Doolittle führt seinen legendären Überraschungsangriff auf Tokyo durch. Die deutsche Luftwaffe greift fünf unbedeutende Städte in Großbritannien an, während die Briten zum zweiten Mal im Krieg einen vernichtenden Bombenangriff auf eine deutsche Stadt fliegen (Rostock). Und in Berlin findet die letzte Reichstagssitzung statt, Hitler wird oberster Gerichtsherr und ist nicht weiter an bestehende Rechtsvorschriften gebunden.

Die Seine-Brücken haben es Karl S. angetan. Der passionierte Fotograf verschießt einen Großteil der wertvollen Filme auf und an den kunstvoll gestalteten Übergängen. Im Bild: Pont Alexandre III, wo Karl S. eine ganze Serie fotografiert.

Verstohlener Schnappschuss von einer hübschen Kellnerin im Café Victoria am Boulevard des Capucines, Paris, während des Kriegs. Eine exklusive Adresse, doch für Wehrmachtssoldaten war Frankreich ein billiges Urlaubsvergnügen: Die Besatzungsmacht verfügte einen künstlich hohen Wechselkurs für die Reichsmark. Auf diese Weise wurde das Land auch im zivilen Alltag geplündert.

Seite aus dem Reiseplan der „Chefs der Generalstäbe im Westen“ im Oktober 1941. Die dritte Reise führt von St. Germain bis Biarritz. Vorgesehen sind unter anderem in Bordeaux „Besichtigungen der Stadt und Umgebung“ und ein „Aufenthalt in Biarritz“. Auf der zweiten Reise lassen sich die Generlstäbler durch das Weinbaugebiet der Bourgogne chauffieren und auf dem Plateau von Alesia durch den Vortrag eines „Kunstbeauftragten“ illuminieren.

Reise-Impressionen aus Frankreich während des Kriegs. Nicht identifizierte Küstenregion.

Badeausflug deutscher Wehrmachtssoldaten in Le Pecq, Nordfrankreich. Karl S. sitzt ganz rechts.

Mittelmeerküste bei Menton an der Cote d‘Azur. Das Foto könnte von 1943-1944 stammen, als die Wehrmacht die Kontrolle über ganz Frankreich übernahm.

Wehrmachtssoldaten bei einem Ausflug an die Küste bei Biarritz. Dieses beliebte Seebad war mehrmals Zielort der Frankreich-Reisen des Generalstabs.

Im November 1942 zerstörte Vichy-Frankreich die eigene Kriegsflotte in Toulon, um sie dem Zugriff der Deutschen zu entziehen. Karl S. kam im Januar 1943 in die Hafenstadt und schoss eine Serie von Bildern.

Unbrauchbar gemachte französische U-Boote im Trockendock des Kriegshafens Toulon.

Eines der von seinen Besatzungen versenkten Schlachtschiffe.

Nicht identifizierte Hafenstadt, offenbar ein Schnappschuss während einer der vielen Besichtigungstouren, die der Soldat Karl S. während des Zweiten Weltkriegs in Frankreich und den Benelux-Staaten unternehmen konnte.