Wie die Forschungen von Professor Aloysius Mittelfinger belegen, werden wir alle wiedergeboren. Nicht notwendigerweise als Menschen. Was die Leidenschaft mancher Tierschützer erklärt. Und nicht zwingend in der Zukunft. Der Fachausdruck für dieses Phänomen lautet Reinkarnation. Daher ein praktischer Tipp: Sollten Sie Anfang des 19. Jahrhunderts als französischer Soldat in spanische Kriegsgefangenschaft geraten, meiden Sie Cabrera. Landschaftlich ist die Insel vor Mallorcas Südküste superhübsch, doch vom Klima her schlimm: Mit 334 Millimeter Regendurchschnitt im Jahr der trockenste Boden, den man sich in dieser Gegend aussuchen kann.
Sie fragen: Wie denn das? Auf Mallorca kann man höchstens 80 Kilometer geradeaus gehen, bevor man mit den Füßen im Wasser steht. Cabrera liegt nur 52 Kilometer von der Südküste entfernt. Das ist viel, wenn man die Strecke im Schmetterlingsstil schwimmt, aber wenig, wenn man die Klimazonen einer Weltkarte betrachtet.
Das erinnert mich an ein denkwürdiges Gespräch vor einigen Jahren im Dorfladen. Es ging los, als ich mein Erstaunen darüber ausdrückte, dass wir am Vortag mit strahlend schönem Wetter beschenkt worden waren, hingegen Bekannte, die nur zwanzig Kilometer entfernt wohnen, von Regen, Sturm und Kälte erzählten.
Das ist noch gar nichts, sagte ein Kunde, der gerade nach einem Glas Kapern aus Llubí griff (Son ses bones!). Er habe dasselbe mit Verwandten in einem Nachbardorf nur fünf Kilometer von hier erlebt. Darauf schaltete sich die Verkäuferin ein: Als sie jüngst im familieneigenen Grundstück einen halben Kilometer vom Dorf Orangen pflückte, konnte sie die Sonnenbrille nicht einen Augenblick abnehmen. Wie sie ins Dorf zurückkehrte, war dort alles patschnass – hatte doch eine kleine freche Wolke direkt über dem Häuserhaufen gezielt und spontan ein paar Tonnen Wasser abgelassen!
Darauf erzählte eine ältere Frau, dass ihre Schwester, die am anderen Ende des Dorfes wohne, ihr von einem Wolkenbruch erzählt hätte, von dem sie selbst gar nichts mitbekommen habe. Offenbar animiert von meinem Staungesicht, wackelte der Großvater der Ladenfamilie heran und mit seiner kräftigen Landbewohnerstimme brachte er alle zum Schweigen: Er sei mal durch eine Gasse gekommen, wo die Leute auf der anderen Seite sich mit Strohhüten gegen die Sonne schützten, während er den Regenschirm aufspannen musste, weil es auf seinem Gehsteig regnete und er wegen des Verkehrs nicht queren konnte.
Ein professoral wirkender Herr hob den Zeigefinger: Das seien die berühmten Mikroklimata von Mallorca. In Pollença regne es im Jahr die doppelte Menge wie am Ballermann, und in manchen Tramuntana-Tälern doppelt soviel wie in Pollença. Nicht nur das! legte der Ladenopa einen drauf. Wo die alten Windmühlen stehen, hast du noch im heißesten Sommer nachts eine kühle Brise, dass du dich sogar zudecken musst, während nur wenige Meter entfernt ohne Ventilator und Umschläge aus der Tiefkühltruhe an Schlaf nicht zu denken sei!
Fazit: Behalten Sie als Mallorca-Fan das Thema Mikroklima im Blick. Nicht nur, aber besonders, bei Ihrer nächsten Reinkarnation.
Kolumne in der Inselzeitung Juni 2020