Die wissenschaftliche Maßeinheit für Mallorquinität – das wissen viele nicht – lautet Uep. Genau wie der traditionelle Dorfgruß. Ein Uep entspricht einem Quadratmeter mallorquinischen Bodens. Steht darauf ein echter Mallorquiner, zeigt das Uep-o-meter ein Kilo-Uep an. Hat der Mallorquiner eine Ensaimada in der Hand, steigt der Mallorquinitätspegel auf ein Mega-Uep. Und wenn der Mallorquiner dazu Lieder von Tomeu Penya singt, erreichen wir ein Giga-Uep.

Verlässt man die Insel, sinkt der Mallorquinitätspegel sukzessive ab. Im Flugzeug misst man dank der mitreisenden Mallorquiner und der Ensaimadas und des Gargollassa-Weins im Gepäck noch etwa ein Mili-Uep. Auf dem Flughafen verstreuen sich Mallorquiner und Mallorquinisches in alle Winde. Reist man etwa nach Wien, befindet man sich nach wenigen Stunden in einer Umgebung, in der bestenfalls ein Mikro-Uep oder gar nur ein Nano-Uep gemessen wird.

Umso größer die Überraschung, als mein Uep-o-meter ausgerechnet im Wiener Technischen Museum heftig ausschlug. In freudiger Erregung folgte ich den Signalen und stand vor einem leuchtend gelben Exemplar der Spezies Volkswagen Käfer 1303 Cabrio Baujahr 1975. Ein Fahrzeug in einem Technik-Museum ist nichts Besonderes, doch dann fiel mein Blick auf das Nummernschild – ein altes, mallorquinisches PM-Kennzeichen!

Ein Rätsel. Wie kommt ein Inselkäfer ins Wiener Technische Museum? Es handelt sich ja nicht um eine endemische Spezies, diese Fahrzeuge waren seinerzeit auf der ganzen Welt anzutreffen. Ich selbst habe einen Volkswagen Käfer mein eigen genannt und damit die Alpen durchknattert, viele Jahre vor meiner Mediterranisierung.

Die Schautafel gab Auskunft, dass es sich tatsächlich um eine technische Besonderheit handelt, weil nur wenige Exemplare dieses Modells erhalten sind, aber auch eine historische. Denn mit genau diesem Vehikel war Bruno Kreisky früher kreuz und quer über die Insel geknattert, wie ein Mallorca-Spritztour-Video aus den 70er Jahren belegt. Kreisky (Gott habe ihn selig und verzeihe ihm seinen und mir meinen Agnostizismus) war 13 Jahre lang österreichischer Bundeskanzler und eine Institution wie heute Merkel in Deutschland.

Aber der Bundesbruno war eben auch Mallorca-Fan und seine Mallorca-Ferienvilla regelmäßig der Gegenstand öffentlicher Sticheleien, denn Sozialdemokraten haben gefälligst in Armut zu leben. Immerhin hat er mit dem Käfer ein Proletenauto gefahren.

Aber was für ein geiles!

Kolumne in der Inselzeitung August 2020