Unaufhaltsam nähert sich der Testfall für Familienbeziehungen: Weihnachten. Zu diesem psychologisch heiklen Thema möchte ich Geschenkideen und auch gut gemeinte Warnungen beisteuern. Beginnen wir mit den jüngeren Jahrgängen. Dabei lasse ich mich mit beinahe schon krankhaftem Ehrgeiz auf eine besondere Herausforderung ein: Analoges. Ich habe sowieso nie verstanden, wie man zum Fest der Liebe Videospiele schenken kann, bei denen das Kind zum virtuellen Massenmörder wird.

Wie wäre es daher mit einem „ferngesteuerten Luft-Haifisch“? Eine heliumgefüllte Drohne in der Form eines Hais, der mit schlagender Schwanzflosse durch die Luft saust. Wenn da der Sohnemann oder die Tochterfrau nicht für Sekunden oder gar Minuten vom Bildschirm abgelenkt wird, ist ihm/ihr nicht zu helfen.

Angelehnt an digitale Produkte ließe sich der Haushalt auch durch Elektrogeräte mit Star-Wars-Themen aufpeppen. Meine Favoriten sind die „Todesstern-Popcornmaschine für fettarmes Popcorn“, im Angebot für schlappe 46,90 Euro, oder ein Toaster in Form der Darth-Vader-Maske (49,90).

Wenden wir uns dem Adult-Segment zu. Dort tut sich ein Minenfeld auf, speziell unter Paaren und – verschärft – Ehepaaren. Der „pinke Vibrator in Cupcake-Form“ empfiehlt sich nur in zertifizierten Notfällen. Auch das „pinke Gärtner-Set für Damen“ könnte als Mangel an männlicher Sensibilität für moderne Feminität ausgelegt werden. Daher erwärme ich mich für die „kreative Decke in Form eines Meerjungfrauenschwanzes“. Wobei ich im Sinne der Gleichberechtigung die Frage stelle, wie die Beschreibung für das männliche Modell lauten würde.

Das es natürlich nicht gibt. Unsereins muss wahrscheinlich an sexistischem Krempel wie einem „superpraktischen elektronischen Krawattenhalter“ Freude finden. Oder an einem elektrischen Nasen- und Ohrenhaarentferner, mit dem man praktischerweise auch den Goldhamster für den nächsten Schönheitswettbewerb zurechttrimmen kann. Ich werde garantiert nicht am ersten Werktag losfahren, um dafür ehestmöglich Batterien zu kaufen.

Darum mein Rat, mutig und originell zu sein, bis zur Grenze der Provokation. Wenn das Geschenkkuvert einen Gutschein für einen „Stuntman-Workshop“ enthält, impliziert das nicht zwingend den Wunsch, der andere möge brennend von einem Hochhaus fallen. Und die Kerze in Form eines ausgestreckten Mittelfingers ist zwar teuer (19,90 Euro), versinnbildlicht jedoch den perfekten Kontrapunkt zum kerzenschwangeren Weihnachtskitsch und könnte ein erotisierendes Wir-gegen-die-Welt-Feeling befeuern.

In der Kategorie Nonsense total ist meine Nummer eins der „Winter-Zahnstocher“, der meines Wissens ausschließlich im Kiosk des Münchner Karl-Valentin-Museums erhältlich ist. Der legendäre Komiker soll mit dem pelzverbrämten Zahnstocher den Schriftsteller Samuel Beckett begrüßt haben, als dieser 1937 zu Besuch kam. Exklusivität, subtiler Tiefsinn und Konversationsstoff garantiert! Nur ist das Geschenkspaket nicht eben riesig …

Wem das alles zu aufregend ist, dem bleibt immer noch der „sich aufwärmende Eisportionierer mit Aluminiumkern“.

Kolumne in der Inselzeitung Dezember 2020