Eines meiner 57 Weinkeller-Porträts für die Zeitschrift „Mallorca Wein 15/16“

In dieser Bodega ist nichts dem Zufall überlassen. Jede Zahl, jeder Name, jedes Datum hat eine Bedeutung. Damit grenzt sich Bárbara Mesquida Mora von der elterlichen und traditionell geführten Weinkellerei Jaume Mesquida ab. Die war vor 35 Jahren inselweit die erste, die ausländische Sorten einführte, wie die Jungwinzerin erzählt. Sie selbst dagegen arbeitet lieber mit autochthonen Trauben.

Nachdem der von ihrem Urgroßvater Jaume Mesquida gegründete Betrieb geschlossen hatte, entschied sich die Tochter für eine Neugründung und parallel zu einer kompletten Neuausrichtung. An der Sortenpalette konnte sie nur bedingt schrauben, die war „geerbt“. Doch in allen anderen Aspekten nutzte sie ihre Freiheit: Nicht nur ökologisch arbeitet sie, sondern biodynamisch  (zertifiziert von DEMETER) und mit einer ins nahezu Mystische reichenden Erdverbundenheit: Pferde, Handkarren und leichte Quads statt Traktoren, um den Boden nicht zu verdichten, die Ernten werden am Mondzyklus ausgerichtet, die Rebflächen sind nach den Regeln des Feng-Shui angelegt, und dass sieben Weine im Sortiment stehen, von denen jeder für ein anderes Verständnis von Weinherstellung steht, ist der magischen Zahl mindestens ebenso geschuldet wie önologischen Kriterien.

Doch Bárbara geht noch weiter: Nach ihren Bemühungen, den Sulfiteinsatz so weit als möglich zurückzuschrauben, werden heute die beiden Weißweine „Acrollam“ („Mallorca“ rückwärts gelesen) und „Sincronía“ schon komplett ohne Sulfite gekeltert. Das wagen nur ganz wenige. „Wenn die Rebstöcke und die Trauben sehr gesund sind, sehr genau kontrolliert werden, und wenn man im Weinkeller entsprechend dahinter ist, geht das“, berichtet die Winzerin. Das ist natürlich nur möglich, weil alle 22 Hektar der zwischen Porreres und Felanitx gelegenen Produktionsflächen für die Bodega im Familienbesitz sind.

Die Bodega selbst ist ein Neubau, angelegt auf dem Gelände einer ehemaligen Viehzuchtanlage, kein vorgeschützte Romantik, sondern ein eher funktionell gestalteter Bau am östlichen Ortsrand von Porreres, denn bei allem Idealismus ist die Winzerin, die neben  Önologie auch Philologie studiert hat, pragmatisch und realistisch. Das schlägt bei aller Esoterik auch auf das Konzept der Weinherstellung durch. Markante Beispiele für diese Philosophie sind die beiden Roten „Trispol“ und „Sótil“ (die beiden Namen bedeuten im Katalanischen Boden und Himmel), wobei der Erstgenannte eher mineralische Noten aufweist und stärker im Volumen ist, während der Zweite, ein sortenreiner Callet, „ätherischer im Geschmack“ ist.

Auf dem Markt ist Bárbara mit ihren Weinen seit 2012. Aufmerksamkeit erregt sie nicht nur mit ihrer radikalen Produktionsweise, sondern auch mit ebenso originellen wie symbolträchtigen Etiketten. Da steht ein Ballon mit zwei Passagieren (Acrollam blanc) für jenes Reisen in luftiger Höhe, das hilft, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen. Oder eine Frau springt ins Meer: Insel, Freiheit, Abenteuer (Acrollam blanc). Ein talentierter Designer aus Barcelona setzt die Ideen der Winzerin um.

Die Produktion ist in den ersten Jahren stark gewachsen und liegt heute bei rund 60.000 Flaschen im Jahr. Davon gehen 30 Prozent in den Export. Aber diese Zahlen interessieren Bárbara nicht übermäßig. Sie definiert ihre Ziele anders: „Wir wollen den gesündestmöglichen Wein herstellen, aber mit starker Persönlichkeit.“ Einen Wein „ohne Makeup“, der nur mit seinen Qualitäten besticht.

Mallorca Wein 15/16, erschienen 2016