Messe abgesagt, Läden geschlossen, Erscheinungstermine verlegt und obendrein die Ausgangssperre: Wie gehen Schriftsteller mit Corona und seinen Folgen um? MM hat bei vier deutschsprachigen Autoren auf Mallorca nachgefragt.

Man muss schon Dan Brown oder John Grisham heißen, um vom Romanschreiben eine fünfköpfige Familie ernähren zu können. Deshalb arbeitet Thomas Fitzner als Assistent der Geschäftsleitung von European Accounting. In der Kanzlei ist er verantwortlich für die Abteilung, die bis Ende Juni die gesamten Einkommen- und Vermögensteuererklärungen für die natürlichen Personen unter ihren Mandanten einreichen muss. Um es mit seinen Worten zu sagen: „Wir sind ausgebucht bis über die Augenbrauen.“

Trotz dieser Belastung kann der österreichische Wahlmallorquiner aus Costitx von der Belletristik nicht lassen. Als er vor wenigen Tagen das Angebot eines Verlags erhielt, einen Roman zu schreiben, überlegte er nicht lange. „Ich habe momentan richtig Lust auf ein Projekt, bei dem ich in eine komplett andere Welt eintauchen kann“, begründet er seine Zusage.

Bei dem Buch handelt es sich um einen Liebesroman, der in Frankreich spielt. Außer der Idee gibt es bisher ein halbes Probekapitel. Das ist wenig, wenn man in fünf Monaten einen fertigen Roman daraus machen muss, neben einem Fulltimejob. Doch Fitzner meint: „Wenn der Abgabetermin im August mein großes Problem ist, bin ich eh ein glücklicher Mensch. Das ist zwar eigentlich ein Harakiri-Projekt, aber es ist genau das, was ich jetzt brauche, um mein Hirn von Corona freizuspülen. Meine einzige Sorge wäre, dass mich das Biest auch erwischt und ich drei oder vier Wochen außer Gefecht gesetzt wäre.“

Dieser Roman ist nicht das einzige Projekt, das Fitzner aufs Gleis gesetzt hat. Für den Comedy-Kriminalroman „Die Körpersprache der Tomaten“, den er im vergangenen November fertiggestellt hat, erhielt er jetzt einen Vertrag vom Ashera-Verlag. Und der Verleger Vito von Eichborn ist an einer Neuveröffentlichung seines Romans „Die Kaktuspflückerin“ interessiert.

Für Fitzner sind dies willkommene „Tritte in den Hintern“, in ganz persönlicher Hinsicht. „Wenn ich viel unterwegs bin und viel mentalen Input erhalte, brauche ich auch eine Zeit, in der ich auf mich selber zurückgeworfen werde, um wieder meine eigene Welt zu schaffen. Das findet in der Literatur ja statt.“

So unterschiedlich ist das bei Schriftstellern. Während es Alex Conrad surreal vorkommt, in Zeiten von Corona eine Szene zu schreiben, in der Leute einkaufen, Kaffee trinken oder tanzen gehen, ist es bei Fitzner genau umgekehrt. „Ich stelle es mir sehr erfrischend vor, über eine Handlung nachzudenken, die in Frankreich spielt, wo die Leute auf den Straßen sind und das Leben einen normalen Gang geht. Gerade in dieser Situation freue ich mich noch ein Stück mehr darauf.

Martin Breuninger