52 Kilometer an einem Tag, wie die Aufzeichnung meiner Wander-App belegt. Und nie habe ich mich so geschämt.

Dabei begann der Tag idyllisch. Son Amer – Kloster Lluc – das verwunschene Tal des Landguts Son Colomi – die Höhlenhäuser von Cosconar – und dann Richtung Nordost die Steilküste entlang auf einem Weg, der streckenweise u.a. wegen des üppigen hohen Grases schwer als solcher erkennbar war. Irgendwann geriet ich auf einen falschen Pfad und machte danach alles falsch (braucht also keiner zu kritisieren, meine mentale Selbstzerfleischung geht auch ohne externen Support gut voran …). Die Folge: Ich entschied mich für eine Querfeldein-Kurskorrektur. Querfeldein in Mallorcas Tramuntana ist entweder Stupidity at its best (powered by arrogance) oder eine originelle Art von Selbstmordversuch. Fragt nicht, was in mich gefahren ist. Die Recherchen sind im Gang.

Am Ende war ich von mehreren Kilometern Querfeldein inklusive haarsträubender Kletterpartien so erschöpft, dass ich auf einem Felsen das Gleichgewicht verlor, und um nicht zu stürzen, sprang ich. Ins Unbekannte.

Mein linkes Fußgelenk kommentierte die Aktion mit einem laut hörbaren “Krack”.

Brüllender Schmerz. Schnell wurde mir klar, dass ich Hilfe brauchte. Also mit dem Handy Notruf absetzen. Kein Empfang. Funktote Wildnis. Also weiter, und trotz Knöchel-Emergency wieder klettern. Alle 20 Meter ein neuer Notrufversuch. Dutzende Male nichts. Nach einer gefühlten Stunde Humpel-Country-Cross durch das verteufelste Gelände der Welt – Steine, hohes Gras, unsichtbare Löcher – endlich ein Signal. Ich bekam es mit der besten Notfalltruppe der Welt zu tun (jaaaa, ich bin subjektiv und steh auch dazu). Alle 10 Minuten Rückruf. Wie es mir geht. Ob ich Wasser habe. Wie der Batteriestand des Handys sei. Feuerwehr und Guardia Civil verständigt, sie planen meine Evakuierung. Dann taucht ein Helikopter der Guardia Civil auf. Setzt eine Art Schwebelandung mitten im Steilhang hin. Zwei Retter steigen aus und bereiten mich vor, während der Heli wieder heranschwebt und sich mit zentimeterknappem Manövrieren neben mir am Hang positioniert, damit wir einsteigen können.

Ich habe vergessen, die Wander-App auszuschalten, die meine Route aufgezeichnet hat. Darum ist der Flug quasi als Nachwort zu dieser total verunglückten Wanderung ebenfalls aufgezeichnet.

Auf dem Heliport des Landeskrankenhauses in Palma hat sich die Besatzung sehr sympathisch und mit vielen Genesungswünschen verabschiedet. Ich habe ihnen natürlich zu diesem unglaublichen Flugmanöver gratuliert. Bin am Überlegen, wie ich mich noch bedanken möchte, obwohl … es wird nie ausreichen. Ein winziger Fehler des Piloten und statt eines Leichtverletzten hätte es fünf Tote gegeben.

Update: Nichts gebrochen, aber der Arzt hat mir für die nächsten 7 Tage das Stabhochsprungtraining untersagt. Deprimierend wenn man sich so alt fühlt wie man ist.