Die Mallorquiner sind verschlossen, wird gesagt, und im Allgemeinen stimmt das auch. Kurios nur, dass ich als Journalist in den meisten Fällen die gegenteilige Erfahrung gemacht habe. Ich war immer wieder überrascht, wie freundlich, offen, vertrauensvoll und selbstkritisch die Insulaner mir gegenüber waren, wenn ich sie interviewt habe. Und zwar selbst dann, wenn das Thema für die Insel, ihre Insel, keine Schmeicheleinheiten versprach.

Einer der angenehmsten und interessantesten Gesprächspartner, die ich in meinen Jahren als Vollzeit-Journalist und Kulturredakteur mehrfach genossen habe, war Juan Antonio Horrach Moyà. Darum stockte mir der Atem, als ich auf dem Weg zur Arbeit im Radio hörte, dass der Galerist und Kulturförderer verstorben ist. Er war nur 52 Jahre alt geworden.

Was ich besonders schätzte, war die Aufmerksamkeit und Freundlichkeit, die er mir auch dann widmete, als ich nicht mehr bei der Zeitung arbeitete und während einer Nit de l’Art (Nacht der Kunst) als Privatmensch, ohne Mission und das Versprechen einer medialen Rendite, das Haus an der Plaza Drassana in Palma besuchte, das Juan Antonio zu einem gebäudegewordenen Event umgestaltet hatte.

Er gehörte zu jenen Menschen, von denen man sich nach einer Begegnung meist mit dem Gefühl verabschiedete, etwas Wichtiges gelernt zu haben, und man fühlte sich stets in einer Weise besser, die mit „gute Laune“ nur unzureichend beschrieben ist.

Das Foto schoss ich auf der Suche nach einem originellen Blickwinkel beim Pressetermin zu einer Ausstellung seiner Lebensgefährtin Susy Gómez in der Galerie Horrach Moyà im Jahr 2010. Rechts die Künstlerin, links neben dem überdimensionierten Kerzenhalter Juan Antonio (ohne Brille). Susy Gómez ging damals mit den Mitteln moderner Kunst der Frage nach, inwieweit uns das familiäre Umfeld prägt, inwieweit wir tatsächlich frei sind in der Wahl unserer persönlichen Identität. Das Gespräch, die Werke und die Gedanken, auf denen sie basierten, hinterließen einen tiefen Eindruck. Ich war danach, tatsächlich viele Tage danach regelrecht erschüttert von diesem scharfen Blick in die Essenz des Menschseins. Der Künstlerin war es gelungen, aus den Tiefen der Seele eine existenzielle Frage ans Licht zu hieven und behutsam kommentiert zur Diskussion zu stellen. So oft ich mich über moderne Kunst lustig gemacht habe, dieser Moment war eine Sternstunde in meinem persönlichen Kultur-Erleben.

Dass man in Juan Antonios Galerie erstklassige Künstler und Kunst antreffen würde, dafür garantierte die intellektuelle und menschliche Qualität von einem, den ich mit einer gewissen Hilflosigkeit nur als Pfundskerl und grandiosen Typen bezeichnen kann. Sein viel zu früher Abschied ist ein furchtbarer Verlust für alle, die ihn kannten.