Zwei Wochen lang nahm ich täglich Taxis, weil mein Kupplungspedalfuß außer Gefecht war. Unterwegs befragte ich die Fahrer nach ihren krassesten Erlebnissen. Dabei schälte sich als Spitzenreiter der am Flughafen aufgelesene Fahrgast heraus, der entdeckt, dass er sich in der Insel geirrt hat. Meist klärte sich das bereits beim Mitteilen der Zieladresse auf. Wie jenes ältere Ehepaar, das ein Hotel in Maspalomas als Fahrtziel bekanntgab. „Maspalomas!? Da müssen Sie nach Las Palmas fliegen, nicht Palma, das ist auf den Kanaren!“ Die Frau erlitt einen Wein-, der Mann einen Lachkrampf. Später eine tolle Anekdote, aber im Moment nur schrecklich und natürlich eine organisatorische Herausforderung, zumal in der Hochsaison.
Manchmal wuchs die Erkenntnis eher schleichend. Ein junges Mädchen verlangte, an eine Adresse gefahren zu werden, die es in Palma (de Mallorca) tatsächlich gab. Der Taxifahrer wandte ein, in der Gegend gebe es kein Hotel. Die Touristin sagte: Doch, gibt es. Also fuhren sie los. Und standen bald vor einem stinknormalen Wohnhaus. Hektische Suche auf dem Smartphone. Aha: In Las Palmas de Gran Canaria gab es eine gleichnamige Straße, und dort, nicht hier, stand das gebuchte Hotel. Also zurück zum Flughafen. Beim Zahlen versagte die Kreditkarte, Bargeld Fehlanzeige, man tauschte Daten aus, der Taxifahrer hat nie einen Cent gesehen.
Beim schusseligen Online-Reservieren von Hotel und Flug spielt auch die Kanareninsel La Palma mit. Die war das eigentliche Ziel eines in Palma gestrandeten Touristenpärchens, das vor einer Herausforderung stand. Denn „La Isla Bonita“ ist 2.233 Kilometer Luftlinie entfernt und zwar als Reiseziel populär, jedoch nur schüchtern ans Flugverkehrsnetz angebunden.
Nicht ganz erklären konnte sich ein anderer Taxifahrer den Wunsch eines älteren Herrn, an einen Ort gebracht zu werden, der ihm absolut nichts sagte. Allmählich stellte sich heraus, dass der Passagier Schwierigkeiten hatte, sich in der modernen Reisewelt zurechtzufinden, und der Meinung war, gerade in Málaga gelandet zu sein.
Nun sollen die Mallorquiner bitte nicht lachen über die doofen Touristen. Ein anderer Taxifahrer versicherte mir, mehr als einmal habe er Leute aus irgendeinem Dorf zum Flughafen Son Sant Joan gebracht und dann schnurstracks wieder zurück – richtiges Reiseziel, falscher Tag.
Auf der korrekten Insel befand sich auch ein auffällig eleganter Amerikaner, der nach Son Gotleu gebracht werden wollte. Die verdutzte Taxifahrerin brachte in Erfahrung, dass der Mann in Palmas Schmuddelviertel eine „luxuriöse Ferienwohnung“ gemietet hatte. Online, klar. Die Taxlerin riet zu Recherche. Prompt erwies sich die Vermietung als Betrug und der Fahrgast musste nun, mitten in der höchsten aller Saisonen, auf die Schnelle ein Zimmer finden. In Sóller wurde er fündig. Eine lohnende Tour für die Taxifahrerin.
Ich erzählte diese Anekdoten einer gut mit mir bekannten Mallorquinerin, die in einem Hotel in Cala Major arbeitete. „Da kann ich mithalten“, erwiderte sie. „Ich hatte mal eine Gruppe junger Männer, die kamen auf die richtige Insel, zum richtigen Hotel, und das Datum stimmte auch. Nur das Jahr nicht. Die hatten für das nächste Jahr gebucht.“
Das Foto zeigt NICHT ein Taxi, mit dem ich gefahren bin. Fand das nur ein witziges Bild.
Kolumne in der Inselzeitung Februar 2024