Es gibt diese Bücher, die fast jeder kennt und fast niemand liest. Um Solscheniyzns „Der Archipel Gulag“ bin auch ich jahrzehntelang herumgeschlichen, eingeschüchtert von der Aura eines Giganten der russischen Literatur, die nicht den Ruf hat, Lesevergnügen im modernen Sinn zu garantieren. Ob das gerechtfertigt ist oder nicht, kann ich schwer beurteilen, dazu habe ich – Geständnis – noch zu wenig russische Literatur gelesen. Das wird sich ändern. „Der Archipel Gulag“ war nämlich eine Überraschung. Solschenizyn behandelt das extrem düstere Thema des stalinistischen KZ-Horrors mit meisterhafter schreiberischer Ökonomie und Präzision. Er bringt sogar eine humorvoll-ironische Note ein. Das kann sich nur ein Betroffener leisten. Daher trägt dieser Neuzugang meiner Rubrik „Buchempfehlungen“ den Titel „Der Gefangene“. Betrachtungen über ein Buch, das immer viel mehr war als „nur“ ein Buch, dessen Entstehungsgeschichte ein Roman für sich ist. Und warum ich es bereue, die gekürzte Ausgabe erworben zu haben. Zu lesen HIER.